Eine Woche Schweiz, eine Woche “Moin meets Grüezi” (genau genommen “Grüessech”, wie wir gelernt haben!)
Unter den folgenden Bildern findet Ihr die Beiträge zu unserem Reise-Tagebuch. Einfach auf ein Foto klicken und Ihr landet beim entsprechenden Tag.
Samstag: Ankunft in Bern
Mit voll gepackten Koffernging es für uns heute auf Orchesterreise: und zwar in die Schweiz. Ursprünglich sollte die Orchesterreise nach Estland gehen. Jedoch musste diese Reise aufgrund der Corona-Pandemie erneut abgesagt werden. Es wurden Alternativen gesucht, bis wir durch Kontakte auf die Schweiz gestoßen sind. Dort wurden wir auf das Jugendorchester Köniz (JOK) aufmerksam gemacht. Innerhalb von ein paar Wochen planten beide Orchestervorstände tatkräftig die Reise, und so ging es für uns am 02. Oktober in Richtung Schweiz.
Nach etwa 8-stündiger Fahrtzeit, die erstaunlich reibungslos ablief, wurden wir von einigen JOKler:innen und deren Familien in Empfang genommen. Der erste Teil der Reise war so organisiert, dass die Hälfte des Orchesters in Gastfamilien untergekommen war, während die andere Hälfte ins Hostel 77 in Bern einzog. Müde und erschöpft, aber auch voller Vorfreude auf die kommende Woche kamen wir so in Bern, der (inoffiziellen) Hauptstadt der Schweiz, an.
Sonntag: Wanderung und Kennenlernen
Unser erster Tag in der Schweiz startete mit einer Probe im Könizer Zingghaus. Am Mittag verbachten wir gemeinsam mit den JOKler:innen die Mittagspause mit Lunchpaketen vor dem Zingghaus. Anschließend wurden wir auf den Gurten geführt, den etwa 860m hohen Hausberg der Stadt Bern. Was für die Schweizer lediglich ein süßer Spaziergang war, fühlte sich für uns schon wie eine große und anstrengende Wanderung an. Auf dem Gurten angekommen hatten wir einen herausragenden Ausblick auf die Stadt Bern sowie die Alpen. Einige konnten es sich dort auch nicht nehmen lassen, mit einer kleinen Bummel-Eisenbahn, deren Zielgruppe eigentlich jüngere Kinder sind, zu fahren. Ein besonderes Event war zum Schluss die Fahrt mit der Sommerrodelbahn. Nach dem Abstieg, der entweder mit der „Gurtenbahn” oder zu Fuß bewältigt wurde, ging es für alle gemeinsam zum Abendessen ins Casa d’Italia, wo wir uns bei leckeren Nudeln mit den Schweizer:innen über Kultur, Politik, Musik und viele andere Themen austauschten.
Montag: Stadtführung durch Bern
Der zweite Tag unserer Orchesterfahrt begann für alle gemeinsam um 10 Uhr im Zingghaus. Mittlerweile hatten wir uns schon ein bisschen an das alte Zingghaus als Proberaum gewöhnt. In dem für unser großes Orchester doch recht beschaulichen Dachzimmer, in dem jeder gespielter Ton doppelt so laut schien, begannen wir zusammen mit Mitgliedern des JOK unsere zweite Probe. Dabei bemerkten wir fast nicht, wie die Zeit verflog und es Zeit wurde, sich auf den Weg zu unserer Stadtführung nach Bern zu machen.
Bei unserer charismatischen Stadtführung wurden uns die Geschichte und die besonderen Orte Berns näher gebracht und uns einen Einblick in die Schweizer Mentalität und die Besonderheiten vermittelt. Bern wirkte oft friedlicher und offener als manch andere bekannte Hauptstadt.
Die Stadt Bern lässt in verschiedene Quartiere aufteilen, die Altstadt, die direkt an der „Spitze“ der Stadt liegt und von der aus sich die Stadt durch den Bevölkerungswachstum immer weiter ausgedehnt hat, das „neuere“ Quartier, welches sich aus der Altstadt heraus entwickelt hat, und das moderne Quartier. Die verschiedenen Quartiere haben eine Besonderheit: Die verschieden farbigen Straßenschilder. Denn in Bern haben die verschiedenen Quartiere, entstanden in unterschiedlichen Zeitepochen, unterschiedlich gefärbte Straßenschilder. Es gibt weiße, schwarze, gelbe, grüne und sogar rote Schilder. Wir verbrachten unseren Vormittag mit der Stadtführung durch Bern, vorbei an den grünlich wirkenden Sandsteinfassaden, die sich wie ein Erkennungsmerkmal durch die Vorderfronten von Wohnhäusern, aber auch gotischen und romanischen Kirchen, dem Rathaus, dem Regierungshaus und sogar der bekannte Schweizer Bank, über deren Goldlager wir liefen, zogen.
Durch die verschiedenen Gassen, ausgeschmückt mit reich verzierten Brunnen, sogar einem sogenannten „Kinderfresserbrunnen“, gelangten wir an den Scheitelpunkt der Stadt und hatten eine atemberaubende Aussicht über das klare, türkisblaue Wasser der Aare, das uns geradezu einzuladen schien darin zu schwimmen, was, viele Schweizer in ihren Mittagspausen durchaus machen. Am Ende unserer Führung kamen wir noch zu dem Bärengehege, in dem sich zur allgemeinen Überraschung echte Bären befinden, die der Legende nach der Stadt Bern ihren Namen gegeben haben und in fast schon in greifbarer Nähe zu den vorbeilaufenden Passanten leben. Die Stadtführung beendeten wir bei einem einem Getränk im Alten „Tramdepot“. Vorbei an Gästen, die aus wie Türme aussehenden Gefäßen ihr Bier abzapften, gelangten wir zu einer Terrasse mit wundervollem Blick auf die Aare und die Bären. Für diejenigen unter uns, denen auf dem Weg ein wenig kalt geworden war, gab es eine heiße Schokolade mit echter Schweizer Schokolade, die einem auf der Zunge zerging. Für die anderen gab es richtiges „Schweizer Bier“, das im Licht der schon untergehenden Sonne golden glitzerte und dem Ende unserer Stadtführung zusammen mit dem süßen Geruch von Schokolade in der Luft, eine fast schon verzauberte Stimmung verlieh.
Nach der Führung trennten sich die Wege der JOKler:innen mit ihren Austauschpartnern und derjenigen von uns, die im Hostel wohnten.
Während diejenigen unter uns, welche in einer Gastfamilie untergebracht waren, einen schönen letzten Abend mit ihren Austauschpartner:innen verbrachten, amüsierte sich der andere Teil unseres Orchesters im Hostel mit konzentrierten Billiardspielen, ausgelassenen Tischkickerkämpfen und viel Gelächter. Abends fielen wir alle müde ins Bett, voller Vorfreude auf den nächsten Tag in der Schweiz.
Dienstag: Besuch Murten und gemeinsame Probe
Am Dienstag begann die Probe schon um 9 Uhr. Das hat sich mindestens für einige noch ziemlich früh angefühlt und dementsprechend war auch die Probe am Anfang ein wenig müde. Wir haben „Carmen“ (Bizet) und „Maurerische Trauermusik“ (Mozart) gespielt. Nach der Probe haben dann die Leute, die davor in den Gastfamilien übernachtet hatten, ihr Gepäck auch ins Hostel gebracht; die nächsten Nächte haben dann alle dort übernachtet. Um 12:08 Uhr sind wir vom Berner Hauptbahnhof mit dem Zug Richtung Murten abgefahren. In Murten, einem kleinen, netten Dorf mit ungefähr 8000 Einwohnern im Kanton Freiburg, haben wir uns unter anderem die fast vollständig erhaltene Ringmauer aus dem 13. Jahrhundert angeschaut, die die wunderschöne Altstadt umschließt. Auf dem Murtensee, an dem das Dorf liegt, sind dann noch einige kurzfristig Surfen gegangen oder haben am See Volleyball gespielt.
Am Nachmittag ging es dann zurück in die Schweizer Hauptstadt ging es dann, wo wir gemeinsam im Hostel zu Abend gegessen haben. Anschließend sind wir zur Thomaskirche gefahren und hatten dort, nachdem wir eine Weile bei der Probe vom JOK zugehört haben, noch eine Probe mit dem JOK zusammen. Wir haben in großer Besetzung den „Walzer Nr. 2“ von Schostakowitsch gespielt, ein klanglich wirklich beeindruckendes Erlebnis!
Zum Abschluss des Tages sind wir noch zusammen in die Stammkneipe des JOK gegangen und haben dort noch den Rest des Abends verbracht.
Mittwoch: Wandertag aufs Niederhorn
Morgens um kurz nach neun trafen wir uns alle vor dem Hostel. Einige waren noch ziemlich müde, aber alle waren sehr gespannt und freuten sich auf den Ausflug. Als auch die Letzten eintrafen, machten wir uns auf den Weg zur Bushaltestelle, wo wir auf den Bus warteten, der zum Berner Hauptbahnhof fuhr. Im Bus war ziemlich wenig Platz und die Meisten mussten stehen.
Aber die Fahrt zum Bahnhof war sowieso sehr kurz. Als wir ankamen, gingen wir schnell zum Zug nach Thun, der um 10:07 Uhr fuhr. Auf der Fahrt haben viele geredet, einige haben „Wahrheit oder Pflicht“ gespielt, aber die Mehrheit guckte aus dem Fenster und beobachtete, wie die Landschaft immer bergiger wurde. Nach ungefähr einer Stunde kamen wir in Thun an. Von dort aus mussten wir noch ein paar Stationen mit dem Bus zum Niederhorn fahren. Auf der Fahrt sahen wir den riesigen Thuner See, der 17,5 km lang und an der breitesten Stelle 3,5 km breit ist. Er war so groß, dass man, wenn man nicht oben auf dem Niederhorn stand, das Ende des Sees nicht sehen konnte.
Die Busfahrt kam uns allen ziemlich lang vor, weil wir es kaum erwarten konnten auszusteigen. Aber als wir endlich angekommen und ausgestiegen sind, machten wir uns auf den Weg zur Bergbahn, mit der wir bis zur Hälfte des Berges, zur Gondelstation hoch fahren wollten.
Schon waren wir da und stiegen ein. Es war ein lustiges Gefühl, fast, wie wenn man in einer Achterbahn sitzt und hoch gezogen wird, bevor es zum freien Fall kommt (der zum Glück nicht kam). Es ging ziemlich schnell nach oben und die Häuser und der See wurden immer kleiner. Bevor die Fahrt zu Ende war, fuhr die Bahn durch einen kleinen Tunnel, der im Berg war. Dann stiegen wir aus und es war schon viel kälter als unten in der Stadt. Schließlich spazierten wir zu der Gondelstation. Dort mussten wir kurz warten, weil die Gondeln relativ klein waren und nur ungefähr acht Leute hineinpassten.
Bald stiegen wir aber in kleinen Gruppen ein, und wurden von den Gondeln noch weiter hochgefahren. Es war eine wahnsinns Aussicht, wir sahen viele sehr hohe Berge, auf den auch Schnee lag, und die Stadt war kaum mehr richtig zu erkennen. Als wir kurz vor der Endstation waren, fing es sogar an zu schneien. Dann stiegen wir aus. Es war sehr kalt und wir trafen uns bei einer Überdachung neben einem Restaurant um ein Picknick zu machen. Etwas später machten wir uns auf dem Weg zum Gipfel des Niederhorns. Wir wanderten ein Stück und machten, als wir oben waren, ein Gruppenfoto. Dann gingen wir wieder weiter nach unten. Wir wanderten sehr lange den Berg hinab und genossen die traumhafte Aussicht. Um kurz vor 16:00 Uhr trafen wir uns in der Beatenbucht und warteten auf die Fähre, mit der wir nach Thun zu einem italienischen Restaurant gefahren sind. Als wir einstiegen setzten sich die Meisten nach draußen.
Im italienischen Restaurant ließen wir den Abend mit leckerem Essen, netten Gesprächen und Kartenspielen ausklingen.
Donnerstag: Stadterkundung Bern
Nach einem wieder sehr leckeren Frühstück mit echter Ovomaltine sind wir zum Proben gegangen. An diesem Tag war die Hauptprobe vor dem Konzert, bei der wir von Mitgliedern des JOK tatkräftig unterstützt wurden. Sie verlief recht gut und wir waren ready für den Auftritt. Anschließend sind wir dann nach Bern gefahren, um die Stadt zu erkunden.
Die vielen kleinen Läden mit Schmuck, Souvenirs, Klamotten, leckerem Essen und feinsten Schokoladen aus den Läderach-Läden, die so hübsch und liebevoll hergerichtet waren, dass man einfach nicht daran vorbeigehen konnte, ließen den Nachmittag zu schnell vergehen.
Danach wussten wir alle, dass das Klischee, die Schweizer seien so nett und freundlich, sehr wahr ist. Nach jedem Kauf kleiner Dinge ist man lächelnd aus dem Lädchen gegangen.
Nach dem Abendessen sollte es zum Kammermusikabend gehen: Ab in den Bus und nach zwei Stationen wieder hinaus… so war der Plan. Wir haben leider einen anderen Bus genommen und mussten dann von irgendeinem Hügel, irgendwo in Köniz, zu unserem Treffpunkt kommen. Unser Partnerorchester wartete bereits auf uns. Endlich angekommen, teilten wir uns den verschiedenen Stücken zu und studierten alles für die folgende Vorstellung ein.
Wir hörten wieder viele unterschiedliche und sehr bekannte Stücke. Als eine Gruppe plötzlich die Instrumente untereinander tauschte, sodass jeder das Instrument einer oder eines anderen spielte, waren wir sehr gespannt, wie das von ihnen eingeübte Stück klingen mochte. Es war sehr lustig und klang gar nicht so schlecht. Ein herrlicher, traditioneller Kammermusikabend! Zum Schluss des Tages sind wir in die Stammkneipe direkt nebenan gegangen und haben den Tag mit vielen tollen Gesprächen unter uns und auch mit den Schweizer:innen und einem Glas schweizer „Rivella“ oder einer „Stange Bier“ ausklingen lassen.
Freitag: Museumsbesuch und Abschlusskonzert
Am Freitag ging es für uns in das Naturhistorische Museum in Bern. Dort haben wir uns die Sonderausstellung „Queer – Vielfalt ist unsere Natur“ angesehen. Nach einer etwa einstündigen Führung, in der wir einen Einblick in die Vielfalt der Geschlechter bekommen haben, durften wir die Ausstellung auf eigene Faust erkunden.
Anschließend hatten wir etwas Freizeit im Hostel, die einige zum Üben nutzen, andere wiederum fürs Laufen oder gemeinsame Spiele spielen. Nachmittags fuhren wir ins Oberstufenzentrum Köniz, um für das Konzert aufzubauen und zu proben. Gegen spätnachmittags haben uns die Musiker:innen vom JOK ein leckeres Buffett aufgebaut, an dem wir uns vor dem Konzert stärken konnten.
Am Abend führten wir unser Programm endlich vor Publikum auf. Den krönenden Abschluss bildete der Walzer Nr. 2 von Schostakowitsch, den wir zusammen mit Musiker:innen aus dem JOK aufführten.
Im Hostel luden uns die JOKler:innen noch zu einem selbsterstellten Pub-Quiz ein. Dort stellte sich unter anderem heraus, dass der Schweizer im Durchschnitt 22kg (!) Käse pro Jahr konsumiert. Mit netten Gesprächen, viel Spiel und Spaß endete dann auch unser letzter gemeinsamer Abend in der Schweiz.
Samstag: Abschied aus Bern
Der letzte Tag in der Schweiz begann mit der Nachricht, dass unser Zug nach Hamburg ausfallen würde. Unser Orchestermanager Jacob hat sofort reagiert und es geschafft, eine andere Zugverbindung zu finden, mit der wir Hamburg sogar früher erreichten, als ursprünglich geplant. In Bern wurden wir von den JOKler:innen verabschiedet und dann fuhren wir auch schon wieder in Richtung Heimat.
Viele ruhten sich auf der Fahrt aus und verarbeiteten die Eindrücke der Reise. Es wurden Spiele gespielt oder man sah sich gemeinsam Fotos und Videos der letzten Tage an. Gegen 19 Uhr erreichten wir dann Hamburg Hauptbahnhof, wo unsere gemeinsame Reise endete.
Eine Woche voller neuer Erfahrungen liegt hinter uns. Wir sind dankbar darüber, dass das Jugendorchester Köniz uns so herzlich in der Schweiz willkommen geheißen hat! Wir freuen uns schon wahnsinnig auf den geplanten Gegenbesuch in 2023, wenn es wieder heißt „Moin meets Grüezi“!
Vielen Dank an Hanne, Marie-Sophie, Anna-Lu, Sophie und Lewin für Ihre Beiträge!